Gottesdienst am Heilig Abend in Wörthsee

Weihnachten, Familie und der unvermeidliche Streit

Predigt
 

 

Liebe Gemeinde,

Exordium

am Abend kehrt Ruhe ein. Die Hektik des Alltags ebbt ab. Gemütlich zusammensitzen, reden, es sich gut gehen lassen. Der Abend ein Punkt der Ruhe in den Wandlungen der Zeit. 

Narratio

Wenn man dann noch unter freiem Himmel bei angenehmen Temperaturen lagert. Gemütlich das Lagerfeuer knistert, kommt Romatik auf. Fast wie in der Marlboro Werbung, wo Kuhhirten, bzw. Cowboys ihren Kaffee schlürfen. Nun Kaffee gab es damals noch nicht und Zigaretten auch nicht, als die Schafhirten der Weihnachtsgeschichte unter freiem Himmel lagen. Die Herden waren zusammengetrieben, das Lagerfeuer angezündet, gemütlich saß man zusammen und ließ den Tag ausklingen. Ein Ohr immer bei den Schafen. Ist das ein normales Meckern oder kommt da ein Raubtier. Denn dafür waren sie da, ihre Schafe vor den Raubtieren der Nacht zu beschützen. Für die Hirten war dies Alltag. Ganz normaler Alltag. Das Feuer knistert, die Schafe blöken zufrieden, alte Geschichten werden erzählt alles ist friedlich. Plötzlich steht eine Person da. Niemand sah sie kommen, niemand hat sie gehört. Sie steht einfach da. Der Schrecken ist groß. Die Hirten springen auf, greifen zum Stock. Der Engel hebt die Arme, fürchtet Euch nicht, ruft er den Hirten zu. Die Hirten bleiben stehen. Fürchtet Euch nicht, seht her ich verkünde euch eine große Freude. Für euch und für alle Menschen. Euch ist heute der Retter geboren. Der Messias ist in der Davidsstadt geboren. Und daran werdet ihr ihn erkennen. Ein Kind liegt in Windeln gewickelt in einer Krippe. Stumm stehen die Hirten da und staunen. Da geschieht ein weiteres Wunder. Hinter Engel erscheinen plötzlich weitere Gestalten. Es ist, als zöge man einen Vorhang weg und ein Blick in den Himmel wird möglich. Scharen von Engeln werden sichtbar. Engel die Gott loben und zu den Hirten sprechen: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden, bei den Menschen seines Wohlgefallens. Der Vorhang fällt wieder zu. Die Hirten stehen staunend. Mancher hat noch den Stock in der Hand. Es ist so still, wie nie zuvor. Etwas Unwirkliches ist in ihre Welt eingebrochen. Sie blicken einander an. Dann geht ein Ruck durch die Gruppe. Ohne große Worte brechen sie auf. Auf nach Betlehem, auf in die Davidsstadt. Das Kind müssen sie finden. Den Retter, von dem Engel erzählte. Nichts hält sie mehr, dieses Kind müssen sie sehen. Und sie finden es. Sie finden Maria und Joseph und auch Jesus in der Krippe liegend. Am nächsten Tag erzählten sie ihren Kollegen davon. Und die wundern sich, einige schüttelten den Kopf und wenden sich ab, andere hören zu und sind fasziniert. Doch alle wunderen sich über die Geschichte der Hirten. Über das Einbrechen des Himmels in den Alltag der Welt.

Argumentatio

Liebe Gemeinde,
der Alltag ist vorbei. Wir haben Heilig Abend. Das Festmahl wartet, die Geschenke sind gepackt, das Besondere kann sich ereignen. An Heilig Abend ist der Himmel in die Welt eingebrochen und wir alle wünschen uns, daß er auch in unsere Welt einbricht. Das plötzlich in unserer unfriedlichen Welt, der göttliche Friede erscheint, daß in die Hektik des Alltags himmlische Ruhe einzieht.

Jugendliche finden das manchmal öde. An Weihnachten, so spricht mancher, sitzen wir wieder dumm rum und spielen heile Welt. Jedes Jahr das Gleiche. Und am Ende spätestens am zweiten Feiertag, wenn wir uns zwei Tage angeödet haben, dann kracht es. Die Heile Welt bricht zusammen, alle sind genervt, Mama weint, Oma geht ins Bett und Papa in die Kneipe.

Und genau deshalb feiern wir Weihnachten, möchte ich dem Jugendlichen zurufen. Genau deshalb, weil wir Menschen unfähig zum Frieden sind. Weil wir Menschen sind, gibt es Konflikte, weil wir Menschen sind, ist so vieles Unheil in unserer Welt. Und ein Narr, wer glaubt an Weihnachten wäre all dieser Unfriede plötzlich beseitigt. Nur weil der Kalender den 24. Dezember anzeigt, haben wir Menschen uns noch lange nicht verändert. Unser Streit hört nicht plötzlich auf, weil am Tannenbaum die Lichter brennen. Im Gegenteil, wenn wir zwanghaft versuchen Konflikte zu vermeiden, so hat der Streit einen teuflischen Spaß daran, durch die Hintertür um so mächtiger zurückzukehren.

Aber genau darum feiern wir Weihnachten. Weil wir als Menschen unfähig zum Frieden sind, muß uns der Friede geschenkt werden. Ehre sei Gott in der Höhe, singen die Engel, und den Menschen Friede auf Erden. Der Friede kommt nicht durch uns, Friede im Großen, wie im Kleinen ist ein Geschenk. Ein Geschenk Gottes für uns. Nur wenn Gott uns seinen Frieden schenkt, dann kehrt wirklicher Friede ein. Den wichtigsten Schritt dazu machte Gott in Betlehem. Er schickt uns den, der uns aus dem Streit der Welt rettet. Er sendet uns den der alle kleinen und kleinlichen Konflikte letztlich überwinden wird. Er schickt den Retter: Jesus Christus. Und für einen Augenblick öffnet sich der Himmel. Für einen Augenblick können wir Menschen in die heile Welt, in die wirklich heile Welt Gottes schauen.

Das schöne ist, weil Gott uns seinen Frieden schenkt, müssen wir ihn nicht selbst schaffen. Oder anders ausgedrückt. Auch an Weihnachten dürfen wir uns streiten, schließlich sind wir Menschen und Streit gehört zum Mensch sein. Und wissen sie was das komische ist. In dem Augenblick, wo Streit sein darf, findet er meistens nicht statt. Wenn wir keine Angst vor Konflikten haben, lassen sich diese meistens mit friedlichen Mitteln beilegen.

Und täuschen sie sich nicht, auch Jugendliche haben eine große Sehnsucht nach Familie. Als ich neulich im Konfirmandenunterricht fragte, was wirklich wichtig ist im Leben. Da entschied sich ein Drittel der Gruppe dafür, daß die Familie das Wichtigste im Leben ist. Auch Jugendliche sehnen sich nach Frieden, sehnen sich nach heilen Beziehungen, nach einer heilen Familie. Aber in eine Falle dürfen wir nicht tappen. In die "Weihnachten wie immer Falle." Manchmal versuchen wir krampfhaft festzuhalten an den Ritualen, die wir als Kinder kennengelernt haben. Aber wir sind keine Kinder mehr und Früher ist nicht Heute. Jedes Jahr ist anders und jedes Jahr ist Weihnachten anders, weil wir andere geworden sind.

Am Mittwoch stand in der Süddeutschen eine kurze Empfehlung für Beziehungen. Psychologen rieten uns da im Ehebett immer wieder die Seiten zu tauschen. Denn wer sich im kleinen verändern kann, der kann es auch im Großen. Und das Mut zur Veränderung not tut könne man aus Scheidungsberichten lernen. Eine starre Beziehung sei der häufigste Scheidungsgrund. Darum, liebe Gemeinde, tappen sie nicht in die "Weihnachten wie immer" Falle. Sie ist ein Streitproduzent erster Güte. Gestalten sie Weihnachten und seien sie offen für Veränderungen. Paulus hat einmal gesagt: Prüfet alles und das Gute behaltet. Auch für Weihnachten ein guter Rat. Prüfen wir die alten Rituale und behalten wir das Gute. 

Peroratio

Und dann kann plötzlich, ganz überraschend vielleicht sogar das Beste kommen. Wenn wir es nicht erwarten. Vielleicht morgen beim Frühstück, vielleicht heute Abend beim Essen, vielleicht auch Übermorgen. Manchmal bricht bei uns wirklicher Friede durch. Manchmal ist unsere Welt nicht scheinheilig, scheint heilig zu sein, manchmal ist unsere Welt wirklich heil. Für einen kurzen Moment öffnet sich der Himmel und Gott schenkt uns seinen Frieden. Wie die Hirten die himmlischen Heerscharen erblicken, so spüren wir plötzlich, daß etwas ganz Besonderes da ist. Das plötzlich wirklicher Friede da ist, daß plötzlich in all dem Unheil der Welt, das göttliche Heil aufblitzt. Ich wünsche Ihnen das. Ich wünsche ihnen, daß sie heute und in den nächsten Tagen etwas spüren von der göttlichen Wirklichkeit. Ich wünsche uns, daß Gott uns seinen Frieden schenkt, daß er bei uns ist und wir ihn und sein Heil spüren.

Kanzelsegen

Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.